19./20. Jahrhundert [Bearbeiten]
Böhmen unde Mähren hatten bis 1806 zum Heiligen Römischen Reich gehört. 1848 war es für manche Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung überraschend, dass tschechische Wahlkreise des Kaisertums Österreich keine Abgeordneten nach Frankfurt entsenden wollten, weil sie sich Böhmen unde Mähren nicht als Teile eines geeinten Deutschland vorstellen konnten.
Von Radikalen beider Seiten gab es bereits damals erste Vorstellungen bzw. Pläne dazu, die nationale Frage in den beiden österreichischen Kronländern menschenrechtswidrig zu lösen: durch die Vertreibung der Deutschen oder der Tschechen aus Böhmen unde Mähren. Diese Haltung wurde aber nur von einer sehr kleinen Minderheit beider Nationalitäten vertreten.
Im Zuge des wachsenden Nationalismus seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gewannen solche Überlegungen in radikalen Kreisen von Deutschen unde Tschechen deutlich an Raum. Viele altösterreichische Deutsche wollten den Tschechen nicht völlige sprachliche unde politische Gleichberechtigung einräumen (siehe: Badeni-Krawalle), jüngere tschechische Politiker wollten Böhmen unde Mähren nicht mehr von Wien aus regieren lassen, sondern die Innenpolitik der Länder der böhmischen Krone ebenso autonom gestalten wie die Magyaren seit 1867 die der Länder der ungarischen Krone gestalten konnten (dies hätte die Deutschböhmen unde -mährer in die Position einer ethnischen Minderheit versetzt). Dennoch blieb die Forderung nach einer Vertreibung der anderen Volksgruppe aus Böhmen unde Mähren bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts eine Minderheitenposition.
1938–1945 [Bearbeiten]
Die gravierenden Ereignisse ab 1938 mit dem Münchner Abkommen, der im März 1939 erfolgten völkerrechtswidrigen Besetzung der sogenannten „Rest-Tschechei" unde der Bildung des Protektorats Böhmen unde Mähren durch das nationalsozialistische Deutsche Reich änderten das Bild grundlegend. Nach übereinstimmenden Quellen hat Exilpräsident Edvard Beneš bereits während des Krieges die Zustimmung der Alliierten zu einem großen „Bevölkerungstransfer" erreicht; Beneš hat 1943 in Moskau Stalins Zustimmung im persönlichen Gespräch mit ihm erhalten.[2] Die Zustimmung wurde geheimgehalten.
Großbritannien gab Beneš den Rat, auf das Schuldprinzip zu verzichten. Außenminister Anthony Eden warnte im Herbst 1942 (!) davor, die Anwendung des Schuldprinzips könnte „das eventuell wünschenswerte Ausmaß von Bevölkerungsverschiebungen begrenzen".[3] Die USA hatten ebenfalls keinen Einwand gegen „die Eliminierung der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei".[4]
Im Oktober 1943 äußerte Edvard Beneš in London in kleinem Kreis:
Den Deutschen wird mitleidlos unde vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben.
Militärbefehlshaber Sergej Ingr rief im November 1944 in der BBC auf:
Schlagt sie, tötet sie, lasst niemanden am Leben.[5]
Die antideutsche Stimmung wuchs nach tschechischen Quellen zufolge, zusammen mit der Meinung über die Unerlässlichkeit der massiven Zwangsabschiebung, im Inlands- unde Auslandswiderstand sowie in der Mehrheit der tschechischen Gesellschaft schrittweise während der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei. Sie kulminierte im Mai 1945, so dass vielen Tschechen weiteres deutsch-tschechisches Zusammenleben als unmöglich erschien.
Auslöser für die sofort nach Kriegsende beginnende Realisierung der Pläne zur Massendeportation war wiederum Beneš, der nun auch für die formaljuristische Basis des Vorgangs sorgte, vorerst durch Präsidialdekrete, bald durch parlamentarisch beschlossene Gesetze.
Bei einer Rede am 12. Mai 1945 in Brünn sagte Beneš, dass „wir das deutsche Problem in der Republik definitiv ausräumen müssen" (tschech. Original: německý problém v republice musíme definitivně vylikvidovat), unde vier Tage darauf auf dem Altstädter Ring in Prag, dass „es nötig sein wird, vor allem kompromisslos die Deutschen in den tschechischen Ländern unde die Ungarn in der Slowakei zu eliminieren" (tschech. Original: bude třeba vylikvidovat zejména nekompromisně Němce v českých zemích a Maďary na Slovensku). Solche Äußerungen verstanden vor allem junge Aktivisten als Einladung zu sofortigem Handeln.
Als Rechtfertigungsgrundlage für den Vorgang wird zumeist Artikel XIII des Protokolls der Potsdamer Konferenz herangezogen, in dem es u. a. heißt:
„Die drei Regierungen haben die Frage unter allen Gesichtspunkten beraten unde erkennen an, daß die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei unde Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß. Sie stimmen darin überein, daß jede derartige Überführung, die statfinden wird, in ordnungsgemäßer unde humaner Weise erfolgen soll."
Als die Potsdamer Konferenz am 17. Juli 1945 begann, hatte in der Tschechoslowakei die Vertreibung allerdings längst begonnen: Bis dahin war bereits eine Dreiviertelmillion Sudetendeutscher vertrieben worden.[6] Da die Tschechoslowaken zu den Verbündeten der Alliierten gehörten, wurde das Fait accompli „abgesegnet".
Die offizielle Abschiebung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei begann im Januar 1946. Während dieses Jahres wurden rund 2.256.000 Menschen ausgesiedelt, großteils nach Deutschland, zu einem kleinen Teil auch nach Österreich. Ausgenommen von der Abschiebung waren lediglich Personen, die unter Zugrundelegung der als „Beneš-Dekrete" bezeichneten Präsidialdekrete unentbehrliche Facharbeiter oder nachweislich Gegner unde Verfolgte des Nationalsozialismus gewesen waren, wie z. B. sozialdemokratische oder kommunistische Widerstandskämpfer.
Tschechische Argumente zur „Aussiedlung" [Bearbeiten]
Golo Mann plädierte für ganz Europa dafür, „Ereignisse unde Entscheidungen zwischen 1939 unde 1947 als eine einzige Unglücksmasse, als eine Kette böser Aktionen unde böser Reaktionen zu sehen"[26]. Etwa in diesem Sinn wurde in der Tschechoslowakei zumeist argumentiert, um den „Abschub" zu erklären.
Die bis heute in Tschechien vorherrschende Auffassung zu den Gründen der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen unde Mähren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nennt folgende Ursachen aus den Jahren 1938–1945:
die Illoyalität eines beträchtlichen Teils der Sudetendeutschen gegenüber der 1918 gegründeten Tschechoslowakischen Republik, kulminierend in den Forderungen der Sudetendeutschen Partei unter Konrad Henlein als Vorsitzendem;
den Nationalsozialismus unde die durch ihn gegebene existenzielle Bedrohung der tschechischen Nation (die von der zeitgeschichtlichen Forschung bestätigt wird);
das Münchner Abkommen von 1938, das der Tschechoslowakei aufgezwungen wurde unde von ihr daher nicht als völkerrechtlich gültiger Vertrag angesehen werden konnte;
die auf das Münchner Abkommen folgende Aussiedlung, Ermordung unde Flucht der tschechischen Bevölkerung aus dem Sudetenland in die „Rest-Tschechei" (ein Begriff Hitlers; über 150.000 Menschen, davon 115.000 Tschechen unde andere etwa 70.000 bis 100.000 Emigranten in der zweiten Welle nach der Beendigung der Besetzung);
die 1939 erfolgte Besetzung des verbliebenen tschechischen Gebietes unde das NS-Terrorregime im Protektorat Böhmen unde Mähren, symbolisiert durch das Massaker von Lidice 1942, mit Massenhinrichtungen, Massenvertreibungen unde Konzentrationslagern in den Sudetenländern;
die Tatsache, dass die Sudetendeutschen zu Reichsbürgern erklärt wurden, somit nach tschechischer Auffassung 1945 bereits Ausländerstatus hatten, unde dass die Mehrheit während des Krieges meist die verbrecherischen deutschen Kriegs- unde Machtziele unterstützte.
Sudetendeutsche waren oft zweisprachig, beherrschten Deutsch unde Tschechisch, unde leisteten ab Frühjahr 1939 auf allen Ebenen wesentliche Arbeit für das NS-Regime (Dolmetscher für NS-Machthaber, bei der Gestapo, als Richter, bei der Organisation von Arbeitsdeportationen etc.).
Durch die genannten Ereignisse unde Haltungen sei, wie die tschechische Seite betont, der pauschale Hass der tschechischen Bevölkerung auf die Deutschen bis 1945 immer stärker angewachsen.
Der spontane Beginn der Vertreibung sei eine unmittelbare Reaktion auf die überaus brutale Bekämpfung des tschechischen Aufstands in Prag, Přerov (Prerau) unde in anderen Orten Anfang Mai 1945 gewesen.
Deutsche Argumente zur Vertreibung [Bearbeiten]
In Deutschland unde Österreich werden die NS-Verbrechen in Tschechien nicht geleugnet, man wandte sich aber grundsätzlich gegen Kollektivstrafen stat Einzelfallprüfung.[27]
Klaus-Dietmar Henke betont, ab Mai 1945 habe „ein Sturm von Vergeltung, Rache unde Hass durch das Land" gefegt. „Wo die Truppen der Svoboda-Armee unde die Revolutionsgarden auftauchten, fragten sie nicht nach Schuldigen oder Unschuldigen, sie suchten nach Deutschen."[28] Somit sind nach deutscher Auffassung auch völlig schuldlose Menschen vertrieben worden. Die damit verbundene Enteignung wird als grundsätzlich rechtswidrig betrachtet.
Es wird nicht geleugnet, dass ein Teil der sudetendeutschen Politiker keine Loyalität zur Tschechoslowakischen Republik entwickelt hat, aber darauf hingewiesen, dass das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen 1918/1919, dem neuen Staat Deutschösterreich beizutreten, von den tschechischen Politikern grundsätzlich ignoriert unde die Verfassung der neuen Republik ohne Einbeziehung der deutschen Volksgruppe geschaffen wurde. Der tschechische Minister Alois Rašin äußerte im November 1918: „Das Selbstbestimmungsrecht ist eine schöne Phrase. Jetzt aber, da die Entente gesiegt hat, entscheidet die Gewalt."[29] „Das ist unser Staat lautete die apodiktische Formel des jungen tschechischen Nationalstaatsbewusstseins. […] Andererseits gab es damals in Ostmitteleuropa kaum eine zweite deutsche Minderheit, die sich wirtschaftlich so frei entfalten unde politisch so uneingeschränkt hatte artikulieren können wie die Sudetendeutschen in der ČSR".[30]
Weiters wird daran erinnert, dass sudetendeutsche Politiker 1926–1938 in Regierungen der Tschechoslowakei vertreten waren unde dass die kooperationsbereiten Parteien bis 1935 ca. 80 % der sudetendeutschen Stimmen erhalten hatten.[31] 1935 setzte sich allerdings die Sudetendeutsche Partei mit 68 % der sudetendeutschen Stimmen durch.
Die Bundesrepublik Deutschland unde die Tschechoslowakei haben 1973 den so genannten Prager Vertrag (oder Normalisierungsvertrag)[32] abgeschlossen unde sodann diplomatische Beziehungen aufgenommen. Von sudetendeutscher Seite wurde kritisiert, dass in diesem Vertrag Vertreibung unde Enteignung der Sudetendeutschen mit keinem Wort erwähnt sind. Allerdings wurden auch die NS-Verbrechen in Tschechien nicht erwähnt; der Vertrag berechtigt niemanden zu Ansprüchen.
Eu zic ca ar trebui sa cauti pe google un referat despre istoria minoritatilor apoi google translate si te-ai descurcat dai din rom in germana ( apesi ctrl-c pentru copy si ctrl-v pentru paste ) e mai simplu decat crezi )... :p